5 Tage nach dem Putschversuch vom vergangenen Freitag laufen Säuberungsaktionen im großen Stil. Unter dem Vorwurf, Teil einer terroristischen Organisation zu sein oder diese zu unterstützen, haben in den letzten Tage rund 60 000 Personen des öffentlichen Dienstes ihren Job verloren, wurden 84 Generäle und Admirale aus den militärischen Chefetagen verhaftet. Die Säuberungen gehen weiter.
Nochmals zur Erinnerung, die Bilanz der Putschnacht: Ein Großteil der zum Einsatz gekommenen Putschisten wurde ja im Laufe der Nacht eingekesselt, oder gab aus freien Stücken auf. Sie wurden natürlich verhaftet. Hierbei handelte es sich um einfache Soldaten und niedere Dienstgrade. Deren Zahl am 16.7.2015: 2839! Deren Aktivitäten fanden in den Städten Ankara und Istanbul statt. 104 Soldaten der Aufständischen kamen ums Leben.
Nochmals zur Erinnerung, die Bilanz der Putschnacht: Ein Großteil der zum Einsatz gekommenen Putschisten wurde ja im Laufe der Nacht eingekesselt, oder gab aus freien Stücken auf. Sie wurden natürlich verhaftet. Hierbei handelte es sich um einfache Soldaten und niedere Dienstgrade. Deren Zahl am 16.7.2015: 2839! Deren Aktivitäten fanden in den Städten Ankara und Istanbul statt. 104 Soldaten der Aufständischen kamen ums Leben.
Armeeführung war am 15.7.2016 ab 16 Uhr über Putsch informiert
Auf Grund eines Berichtes des militärischen Geheimdienstes (MIT) trat am Freitag 15.07.2016 um 16 Uhr die Armeespitze zu einer Beurteilung zusammen und traf erste Maßnahmen. Flugverbot bis Widerruf für militärische Maschinen. Informationen auch an das Bodenpersonal. Mehrere dieser Kommandanten begaben sich anschließend an eine Hochzeit in Istanbul (dügün kann in diesem Zusammenhang auch militärische Veranstaltung für neu Einzurückende bedeuten) Das Amt des Staatspräsidenten sei über diese Erkenntnisse und Maßnahmen informiert worden.
DAS wiederum wird von Erdogan bestritten. Er habe um 20 Uhr von "bestimmten Vorkommnissen" in Ankara und Istanbul gehört.
Ungereimtheiten rund um Erdogan
- Am 10. Juli wurde mitten in der Nacht die beliebte Bucht und Hafen des Ortes Oluk bei Gökova durch die Sahil Güvenlik geräumtund ist seither gesperrt. Eine vergleichbare Aktion fand noch nie statt und sie wurde in Zusammenhang gebracht damit, dass Erdogan hier eines seiner Feriendomizile beziehen könnte.
- Erdogan befand sich jedoch in Marmaris. Wo eigentlich? Laut Sözcü Gazetesi in der Villa des Hoteliers Ibrahim Yazici in Marmaris/Icmeler. Dieses ist von einer Truppe Putschisten überfallen worden und kam von einem, andere Quellen sprechen von drei Helikoptern unter Serienfeuer (??!!), so die Darstellung. Bilanz: 2 Todesopfer (Sicherheitsbeamte) 9 Verletzte. Bilder zeigen ein Zimmer, mit Einschüßen und Menschen mit Pistolen. Ein Video vom 16.7.2016 zeigt Auseinandersetzungen und Helikopter, welcher Hotel (?) unter Beschuss nimmt. Kronzeuge dieses Berichtes ist der Mitbesitzer eines benachbarten Hotels. Erdogan war zu diesem Zeitpunkt schon weg. Trotzdem sollen die Auseinandersetzungen bis zum Morgen gedauert haben. Detail: Es fehlen jegliche Zeitangaben. Erstaunlich, dass da nicht mehr Menschen zu Schaden gekommen sind.
- Erdogan selbst befand sich nicht mehr vor Ort, sondern auf dem Wege nach Istanbul. Etwas, was die ganze Welt über Flyghtradar verfolgen konnte. Zu beobachten war, dass diese Maschine über 30 Minuten lang südlich des Marmara-Meeres identische Warteschlaufen zog, bis sie dann um 03.15 türkische Zeit in Istanbul landete. Laut Regierungsangaben soll die Maschine von zwei F-16 der Aufständischen verfolgt und in den Radar genommen worden sein. Eine ideale Zielscheibe also. Sie wurde aber nicht angegriffen. Weshalb? Ein Rätsel, sagen auch die türkischen Zeitungen. Sicher wird das nächstens in Form von Einvernahmeprotokollen, welche gleich den Medien zugestellt werden, aufgeklärt. Erste Beispiele dieser Form von Öffentlichkeitsarbeit gibt es schon.
Öffentlichkeitsarbeit
Die gesamte Entlassungs- und Verhaftungswelle ist derzeit DAS Thema in allen Zeitungen. Dabei fallen viele kleine Dinge auf:
- Die reihenweise verhafteten Generäle und Admirale werden ja beschuldigt, den weiteren (nicht stattgefundenen oder verhinderten) Putsch organisiert zu haben. Es ist zu hinterfragen, weshalb praktisch alle mit ordentlichen Blessuren im Gesicht und ziemlich erniedrigend der Öffentlichkeit präsentiert werden.
- Verdächtige, welche zu Tausenden abgeführt werden, präsentiert man der Presse auf sehr fragwürdige Art. Hier beispielsweise.
- Hexenjagd. Beispiel Anamur. Der Bürgermeister wird in einer überregionalen Zeitung beschuldigt, am Tage vor dem Putsch zu zu einem oder mehreren Imamen gesagt zu haben"Morgen ist ein Feiertag, bereitet euch vor". Dies sei die Gülen-Losung für den Putsch. Folge 1: Hausdurchsung und Einvernahme vor dem Untersuchungsrichter. Folge 2 : Die Landes-MHP setzt den Bezirksvorstand der MHP ab. Hintergrund: Der Bürgermeister unterstützt in der Krisen geschüttelten Landes-MHP die oppositionelle Kandidatin für den Parteivorsitz, der wiederum Gülen-Nähe unterstellt wird. Im Schatten dieses Putsches werden also noch ganz andere Rechnungen beglichen..
Ausnahmezustand für 3 Monate = Weitere Destabilisierung der Türkei
Heute abend 20.07.2016, hat Staatspräsident Erdogan den Ausnahmezustand über die Türkei verhängt. Eingeleitet hat er diesen Entscheid mit dem Hinweis, es sei in den kommenden Tagen und Wochen mit einem weiteren Putsch zu rechnen. Der Ausnahmezustand kann bei Bedarf verlängert werden.
Folge dieser Deklaration, welche er schon vor zwei Tagen angekündigt hat: Eigentlich geht nichts mehr in der Türkei ohne die Zustimmung des Staatspräsidenten. Auch ein Weg in Richtung Präsidialsystem.... Für die 50% der Türken, welche Erdogan eher kritisch beurteilen, bedeutet dies eine Extremsituation, genau so für die Oppositionsparteien, da sie in nächster Zeit nichts zu bestellen haben werden.
Die Spannungen im Lande werden sich verschärfen und ich bin sicher, dass nun in Kürze von einem wirklichen Putsch gesprochen wird. Ausführende sind jedoch nicht die Militärs.
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